Was ist Osteoporose?

Was ist Osteoporose?

Osteoporose ist den meisten Menschen in Deutschland zwar ein Begriff, doch die wenigsten wissen, was sich genau dahinter verbirgt. Schlimmer noch: Der Großteil der knapp 8 Millionen Menschen, die von Knochenschwund betroffen sind, erhalten die Diagnose erst nach einer erlittenen Fraktur.1
Gerade deshalb ist es besonders wichtig, frühzeitig die Anzeichen einer Osteoporose zu erkennen. Hier finden Ärzt:innen ausführliche Informationen für Fachkreise.

Schnelle Fakten zu Knochenschwund

häufigsten Erkrankungen
Laut WHO eine der 10 häufigsten Erkrankungen weltweit.1
Fünffaches höher
Die Anzahl der betroffenen Frauen ist schätzungsweise um ein Fünffaches höher im Vergleich zu betroffenen Männern.2
3 von 4 Betroffenen
3 von 4 Betroffenen in Deutschland werden nicht therapiert.3
Neuerkrankungen
885.000 Neuerkrankungen jährlich allein in der Bundesrepublik.3
Mrd. Euro
37 Mrd. Euro Behandlungskosten der Osteoporose jährlich in der EU.4

Unterschätzte Volkskrankheit mit
hoher Dunkelziffer

Beim Stichwort Volkskrankheit denken die meisten wohl zuerst an Erkrankungen wie Diabetes, Fettleibigkeit oder Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Doch die Zahlen zu Osteoporose sind nicht minder besorgniserregend: Man schätzt die Erkrankungen hierzulande auf 7,8 Millionen5 – bei einer um ein Vielfaches höheren Dunkelziffer im Vergleich zu Diabetes mellitus Typ 2.6

Zwei Volkskrankheiten im Vergleich

Zwei Volkskrankheiten im Vergleich

Frauen und ihr besonderes Risiko

Vor allem Frauen sehen sich mit der chronischen Knochenkrankheit konfrontiert: 80 Prozent der Betroffenen sind weiblich. Der Hauptgrund ist die Hormonumstellung nach den Wechseljahren: Der Mangel an Östrogen führt zu einem verstärkten Knochenabbau.9

Jede dritte Frau über 50 Jahre
Jede dritte Frau über 50 Jahre erleidet in ihrem Leben einen Knochenbruch durch Osteoporose.10
Weniger als 1 von 5 Patientinnen wird diagnostiziert.11
Bei 80 % der Patientinnen mit einer Fragilitätsfraktur (oft Osteoporose als Ursache) bleibt die Behandlung aus.11
30 % der Frauen erhalten nach einem Bruch ihre Mobilität nicht mehr zurück.3,12

Osteoporose und die Lebenserwartung10

Laut aktuellen Studienergebnissen beläuft sich die Lebenserwartung bei Patientinnen unter 75 Jahren, die in Behandlung sind, auf über 15 Jahre. Gleiches konnte für behandelte Männer unter 60 Jahren ermittelt werden.10
Dennoch macht sich der demografische Wandel auch beim Thema Knochenschwund deutlich bemerkbar: Zusammen mit der Lebenserwartung wird in den kommenden Jahren auch die Häufigkeit der Erkrankungen signifikant steigen.10 Eine stark eingeschränkte Lebensqualität ist die Folge, vor allem bei verspäteten Diagnosen bzw. bereits erfolgter Fraktur.10
Damit die Zahl der rechtzeitig diagnostizierten Fälle wächst, werden frühzeitige Screenings umso wichtiger. Regelmäßige Untersuchungen sind ab einem Alter von 50 Jahren nach DVO-Leitlinie empfohlen. Mehr dazu unter Diagnosestellung oder im geschützten Bereich.
Ein Ausblick in die Zukunft

Ein Ausblick in die Zukunft8

  • Der Anteil der über 65-jährigen Einwohner in Deutschland wird im Jahr 2030 auf 29 % steigen.9
  • Die Frakturinzidenz wird bis dahin um ca. 20 % anwachsen.8,10
  • Bis 2050 rechnet man mit viermal so vielen Knochenbrüchen im Zusammenhang mit Osteoporose weltweit. In den Industrienationen soll die Zunahme sogar noch wesentlich deutlicher ausfallen.1

Folgen fürs Sozialleben und die Gesundheit

Sozialer Rückzug
Der Verlust der Unabhängigkeit durch eine eingeschränkte Beweglichkeit stellt den Alltag auf den Kopf: Gewohnte Tätigkeiten und liebgewonnene Freizeitaktivitäten sind kaum noch möglich. Treffen mit Freunden und Familie werden zur Seltenheit.3
Psychische Belastungen
Vertebrale Frakturen und intensive Rückenschmerzen haben einen negativen Einfluss auf die körperliche Aktivität. Dies kann Depressionen auslösen und das Selbstwertgefühl in Mitleidenschaft ziehen.2
Körperliche Einschränkungen
Ein Jahr nach einer Hüftfraktur können 40 % der Patient:innen noch nicht ohne Hilfsmittel gehen. und 80 % sind in den Aktivitäten des täglichen Lebens eingeschränkt.12–15
Schmerzen nur der Anfang
Hüft- und vertebrale Frakturen sind assoziiert mit starken Schmerzen und Behinderungen bis hin zur Pflegebedürftigkeit.3,14–16
Gesteigerte Mortalität
20 % der Patient:innen sterben innerhalb eines Jahres nach einer Hüftfraktur.3
Ein Ausblick in die Zukunft

Wichtig: Osteoporose-Screenings ab 50 Jahren. Denn Osteoporose geht uns alle an!

  • Regelmäßige Tests für Patient:innen ab 50 sind der erste Schritt, um früh adäquate Behandlungswege auszuloten, sollten Anzeichen einer Osteoporose erkannt werden.
  • Das Ziel der Therapie ist klar: Sie soll helfen, Betroffenen ihre Eigenständigkeit zu bewahren. So haben sie die Chance, länger aktiv zu bleiben und so lange wie möglich eine gute Lebensqualität zu erhalten.

Die Krankheit erklärbar machen

Im höheren Alter ist ein Abbau der Knochensubstanz – genau wie beim Muskelgewebe – etwas völlig Gewöhnliches.5 Ist jedoch die Regenerationsfähigkeit des Skeletts oder der Knochenaufbau bzw. -abbau gestört, handelt es sich um Osteoporose.5 Wie so oft bei chronischen Erkrankungen beginnt der Knochenschwund in der Regel schleichend.10 Gerade deshalb erhalten viele Betroffene erst nach einer erlittenen Fraktur die unerwartete Diagnose.

Der Unterschied zwischen gesundem und porösem Knochen am Oberschenkel
Das Skelett als Gerüst des Körpers kann durch die Erkrankung nicht mehr die Last des Körpers auffangen. Patient:innen bemerken erste Einschränkungen, führen es jedoch „aufs Alter” zurück. Genau an diesem Punkt sollten Behandelnde in der Praxis hellhörig werden – und über gezielte Methoden der Diagnose wie beispielsweise einer DXA-Messung der Sache auf den Grund gehen.
Der Unterschied zwischen gesundem und porösem Knochen am Oberschenkel

Ist Osteoporose vererbbar? Ursachen und
Formen der Erkrankung

In 95 % aller Fälle handelt es sich um eine primäre (oder auch idiopathische) Osteoporose:12 Es wird unterschieden zwischen Typ 1, der postmenopausalen Osteoporose, und Typ 2, der senilen oder Altersosteoporose, die bei Frauen und Männern ab 70 Jahren auftritt.12 Von einer sekundären Osteoporose spricht man, wenn eine Grunderkrankung oder gar Arzneimittel den Knochenschwund ausgelöst hatten.5,16
Streng genommen handelt es sich bei Osteoporose nicht um eine Erbkrankheit. Dennoch können bestimmte Gene, die von den Eltern weitergegeben wurden, Grund für eine abnehmende Knochendichte sein.17 Klar ist, dass bestimmte Umstände wie ein ungesunder Lebenswandel der Erkrankung den Weg ebnen und den Abbau der Knochenmasse beschleunigen.18 Mehr zu solchen Risikofaktoren kann man hier erfahren.

Was hilft bei Osteoporose?

Gerade nach einer frühzeitigen Diagnose können Betroffene einiges unternehmen, um das Voranschreiten der Krankheit auszubremsen.
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Regelmäßige körperliche Betätigung stärkt die Knochen – vom täglichen Spaziergang bis hin zu sportlichen Aktivitäten ist vieles möglich.
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Kalzium ist wichtig: Mineralwasser, Gemüse und Nüsse sind optimale Kalziumlieferanten innerhalb einer ausgewogenen Ernährung.
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Der Körper braucht Sonnenlicht, um Vitamin D zu erzeugen. Es ist für die Einlagerung von Kalzium notwendig.
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Einige simple Kniffe erleichtern den Alltag ungemein: beispielsweise Stolperfallen in der Wohnung beseitigen oder Badezimmer mit Matten und Griffen versehen.

Osteoporose – 5 Mythen

Rund um die Volkskrankheit Osteoporose sind immer noch viele Mythen und Halbwahrheiten verbreitet. Folgend werden die fünf häufigsten Mythen aufgezeigt und welche Fakten wirklich dahinterstecken.
  • 1
    Mythos Nr. 1
  • 2
    Mythos Nr. 2
  • 3
    Mythos Nr. 3
  • 4
    Mythos Nr. 4
  • 5
    Mythos Nr. 5

„Osteoporose betrifft eigentlich nur Frauen.“

Das trifft nur bedingt zu. Zwar sind Frauen tatsächlich durch das leichtere Skelett und die Hormonumstellung nach den Wechseljahren häufiger betroffen, doch auch sehr viele Männer leiden unter den Folgen von Osteoporose.19,20 Aktuell stehen in Deutschland rund 5,2 Mio. betroffenen Frauen circa 1,1 Mio. Männer mit Osteoporose gegenüber.2 Jedoch erleiden männliche Betroffene Hüftfrakturen etwa vier Jahre früher als Frauen. Darüber hinaus haben Männer ein erhöhtes Mortalitätsrisiko.19

„Nur ältere Menschen sind betroffen.“

Dieser Mythos stimmt nicht. Auch jüngere Menschen können an Osteoporose erkranken. Denn bereits ab dem 30. Lebensjahr beginnt der unvermeidliche Substanzverlust – und der Knochenabbau überwiegt gegenüber dem -aufbau.16,21 Zudem können bestimmte Grunderkrankungen und Arzneimittel die Entstehung von Osteoporose fördern.16
Osteoporose ist keine gewöhnliche Begleiterscheinung des Älterwerdens, sondern eine klar definierte Störung des Knochenstoffwechsels. Das Risiko für Osteoporose steigt insbesondere nach dem 50. Lebensalter deutlich – bei Frauen auf 40 % und bei Männern auf 13 %.17 Mehr zu den Risikofaktoren erfahren Sie hier.

„Osteoporose-Patient:innen sollten sich schonen.“

Stimmt fast nie. Patient:innen neigen zwar dazu, sich nach der Diagnose zu schonen, um so Stürze zu vermeiden. Körperliche Aktivität wirkt sich jedoch in mehrfacher Hinsicht positiv auf die Gesundheit aus: Regelmäßiges Muskeltraining trägt dazu bei, dass sich die Knochensubstanz verdichtet und verfestigt.20 Außerdem hat die sportliche Betätigung einen positiven Nebeneffekt auf das psychische Wohlbefinden.20,22 Bereits regelmäßige Spaziergänge oder kleine Radtouren leisten einen nicht zu unterschätzenden Beitrag. Wer sich viel im Freien bewegt, nimmt mehr Sonnenlicht auf, was für die körpereigene Produktion von Vitamin D nötig ist: Dieses Vitamin ist essenziell für den Knochenaufbau.21,22 Zudem ist die Mobilisation nach operativer Therapie von vertebralen Frakturen wichtig.23

„Osteoporose-Patient:innen sollten keine fettreiche Nahrung zu sich nehmen.“

Stimmt nur bedingt. Eine fettreiche Ernährung kann zwar zu Übergewicht führen, sie steht aber nicht in direktem Zusammenhang mit einer Osteoporose.20,24 Trotzdem ist es für Patient:innen sehr lohnenswert, auf eine balancierte Ernährung zu achten. So sind pflanzliche Öle in der Regel gesünder als tierische Fette. Vor allem Kalzium und Vitamin D können einer Osteoporose entgegenwirken bzw. Knochen stärken.20,24 Deshalb ist eine vielfältige und auch kalziumreiche Ernährung wie z.B. durch Milch und ihre Milcherzeugnisse, Getreide und Gemüse sowie Fisch sinnvoll.20

„Die Osteoporose-Behandlung ist teuer“

Stimmt nicht: Das Gegenteil ist der Fall. Denn gerade eine unbehandelte Osteoporose belastet das Gesundheitssystem mit hohen Kosten: 37 Mrd. Euro fallen für die Behandlungskosten der Osteoporose jährlich in der EU an, davon nur 5 % für die Arzneimittel zur Prävention und Therapie.25 Aber 66 % für Behandlungskosten der Frakturen und weitere 29 % für Nachsorge und Pflege der Knochenbrüche.25 Idealerweise wird die Erkrankung frühzeitig erkannt – zum Beispiel durch regelmäßige Screenings ab 50. Dann können schon Änderungen am Lebensstil das Risiko schwerwiegender Folgen wesentlich reduzieren – und eine hohe Lebensqualität im hohen Alter ermöglichen.
Mehr zur Therapie finden Sie im Login-Bereich.

Referenzen

  1. Bundesselbsthilfeverband für Osteoporose e. V. Abgerufen unter: https://www.osteoporose-deutschland.de/osteoporose/daten-und-fakten/. Letzter Zugriff: 30.11.2021.
  2. Hadji P et al. Dtsch Arztebl Int 2013;110(4):52–57.
  3. Ström O et al. Arch Osteoporos 2011;6:59–155.
  4. Hernlund E et al. Arch Osteoporos 2013;8:136.
  5. Internisten im Netz. Abgerufen unter: https://www.internisten-im-netz.de/krankheiten/osteoporose/was-ist- osteoporose.html. Letzter Zugriff: 30.11.2021.
  6. Deutsche Diabetes Gesellschaft. Abgerufen unter: https://www.deutsche-diabetes-gesellschaft.de/fileadmin/user_ upload/06_Gesundheitspolitik/03_Veroeffentlichungen/05_Gesundheitsbericht/20201107_Gesundheitsbericht2021. pdf. Letzter Zugriff: 30.11.2021.
  7. Deutscher Bundestag. Abgerufen unter: https://www.bundestag.de/resource/ blob/657242/98c8fa973471bb9d87fac74df66e3001/WD-9-052-19-pdf-data.pdf. Letzter Zugriff: 30.11.2021.
  8. International Osteoporosis Foundation. Abgerufen unter: https://www.osteoporosis.foundation/facts-statistics/key-statistic-for-europe. Letzter Zugriff: 30.11.2021.
  9. Deutsche Gesellschaft für Endokrinologie. Abgerufen unter: https://www.endokrinologie.net/pressemitteilungen- archiv/110310.php. Letzter Zugriff: 30.11.2021.
  10. International Osteoporisis Foundation. Abgerufen unter: https://share.osteoporosis.foundation/EU-6-Material/Reports/IOF%20Report_GERMAN_DIGITAL_DE.pdf. Letzter Zugriff: 30.11.2021.
  11. International Osteoporosis Foundation. Abgerufen unter: https://www.osteoporosis.foundation/health-professionals/fragility-fractures/epidemiology. Letzter Zugriff: 30.11.2021.
  12. Tang VL et al. J Gen Intern Med 2017;32(2):153–158.
  13. Dyer SM et al. BMC Geriatr 2016;16(1):158.
  14. Rapp K et al. J Am Med Dir Assoc 2015;16(8):715.e7–715.e12.
  15. Benzinger P et al. Osteoporos Int 2019;30(7):1363–1370.
  16. Deutsche Gesellschaft für Unfallchirurgie. Abgerufen unter: https://www.dgu-online.de/patienten/haeufige-diagnosen/senioren/osteoporose.html. Letzter Zugriff: 30.11.2021.
  17. Bartl, Reiner. Osteoporose: Prävention, Diagnostik, Therapie. 42011, Stuttgart 2011, S. 49.
  18. Schürer C et al. Dtsch Arztebl Int 2015;112:365–371.
  19. Kannegaard PN et al. Age Ageing 2010;39(2):203–209.
  20. Ärztezeitung. Fünf Mythen über Osteoporose. Abgerufen unter: www.aerztezeitung.de/Medizin/Fuenf-Mythen-ueber-Osteoporose-292096.html. Letzter Zugriff: 01.12.2021.
  21. El Masry C et al. Osteoporose: Vorbeugen und ganzheitlich behandeln, München 2013, S. 27.
  22. Internisten im Netz. Abgerufen unter: https://www.internisten-im-netz.de/krankheiten/osteoporose/vorsorge-und- schutz.html. Letzter Zugriff: 02.11.2021.
  23. DVO-S3-Leitlinie 2017 zur Prophylaxe, Diagnostik und Therapie der Osteoporose, Langfassung Januar 2018.
  24. Osteoporose Selbsthilfegruppen Dachverband e. V. Osteoporose: Blickpunkt Ernährung. Abgerufen unter: https://www.osd-ev.org/osteoporose/bni/blickpunkt-ernaehrung/. Letzter Zugriff: 01.12.2021.
  25. Hernlund E et al. Arch Osteoporos 2013;8(1–2):136.